Rede zum CDU-Antrag „Umfassende Überarbeitung der Energiestrategie 2030 der Landesregierung Brandenburg“

Hier können Sie die Rede von Heide Schinowsky vom 21.01.2015 im Landtag nachlesen.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, im vorliegenden Antrag sind ja viele richtige Stichworte aus der aktuellen energiepolitischen Diskussion enthalten. Beim vertieften Lesen drängen sich aber vor allem zwei Fragen auf:
  1. Was ist eigentlich neu – also anregend, innovativ oder zukunftsweisend?
  2. Und noch viel mehr stellte sich die Frage: Was fehlt hierin alles?
Um es vorweg zu nehmen: Anregendes oder Neues habe ich hier wenig gefunden. Und die Punkte, an denen die Energiestrategie auch unserer Sicht überarbeitet werden sollte, wurden hier gänzlich weggelassen bzw. anders intoniert, als wir es zum Beispiel beim Thema Braunkohle machen würden . Darauf komme ich später näher zu sprechen. Die Energiestrategie 2030 soll Wirtschaft und Bevölkerung einen längerfristigen, verlässlichen Rahmen geben, innerhalb dessen Brandenburgs Regierung ihre Energiepolitik gestaltet. Das ist zunächst ein sinnvoller Anspruch – auch wenn wir mit dem konkreten Inhalt wie Sie wissen nicht in Gänze einverstanden sind. Aktuell gibt’s mit der Energiestrategie aber vor allem EIN Problem: nämlich ein großes Vollzugsdefizit in vielen Bereichen: So sind von den vierzehn Leitprojekten bisher nur wenige erfolgreich umgesetzt. Bei den Projekten mit Vollzugsdefizit war das Scheitern der CO2-Abscheidung und Speicherung ja von vornherein absehbar. Es war nichts anderes als ein Projekt, um ineffiziente Kraftwerke noch ineffizienter zu machen – ganz abgesehen von den erheblichen Gefahren, die von der unterirdischen Speicherung ausgehen können. Von CO2-armen Stadtvierteln, großflächigen Informationskampagnen für energetische Gebäudesanierung, einem Brandenburger Energieeffizienzpreis oder einer „energieeffizienten Verkehrsgestaltung unter Berücksichtigung des demographischen Wandels“ haben wir auch noch nichts gehört. Der geplante Aufbau einer Solarbörse wird inzwischen durch die veränderten Rahmenbedingungen auf Bundesebene Makulatur. Anstatt nun aber gleich die Gesamtüberarbeitung zu fordern, sollte die Energiestrategie erst einmal weiter umgesetzt und evaluiert werden. So viel zur Frage 1, was hieran eigentlich neu ist. Vielleicht sagt uns Minister Gerber gleich noch, wann er uns eine Evaluation vorlegen wird. Ich komme zur zweiten Frage: Was fehlt? Die wichtigste Aufgabe beim Umbau für eine preiswerte und sichere Energieversorgung wird überhaupt nicht angesprochen – obgleich wir hierzu gerade eine sehr intensive Diskussion bei uns in Brandenburg und auch auf Bundesebene haben: Bei einer Überarbeitung der Energiestrategie muss zentral das Thema Braunkohle auf den Tisch, und zwar anders intoniert, als sie es hier umrissen haben. Die brauchen wir nämlich nicht für immer, sondern für einen begrenzten Zeitraum. Wir müssen jetzt den Braunkohleausstieg in die Wege leiten. An alle diejenigen, die immer wieder davon reden, dass hier irgendjemand den sofortigen Ausstieg fordert, möchte ich sagen: Das ist nicht richtig! Keiner fordert den sofortigen Ausstieg. Nicht einmal die absoluten Umweltschützer fordern das, sondern alle wissen, dass der Ausstieg schrittweise passieren muss. Ich kann es nicht mehr hören. Es wird ständig wiederholt, aber es ist falsch. Wir brauchen den schrittweisen Ausstieg. Der muss ins Auge gefasst werden. Wir brauchen einen Fahrplan für einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Braunkohle – um somit Planungssicherheit für alle Beteiligten zu ermöglichen. Aktuell besteht in der Lausitz große Verunsicherung über die Fragen: Was bedeutet es, dass Vattenfall jetzt verkaufen will? Welcher neuer Käufer kommt? Wenn ein neuer Käufer kommt, ist klar: Es gehen immer Arbeitsplätze verloren. Was sagen wir den Leuten da? Ihre Antwort ist: Braunkohle gibt es noch ewig. Das kann es nicht sein. Wir müssen jetzt sagen, wie lange wir die Braunkohle hier noch brauchen. Wir müssen jetzt den Weg frei machen für den Strukturwandel in der Lausitz. Sagen Sie doch einmal eine Jahreszahl! Wir können das gern einmal vertiefen. (Zuruf des Ministerpräsidenten Dr. Woidke) Wir haben Ihnen die Zahlen schon vorgelegt! (Zuruf des Ministerpräsidenten Dr. Woidke) Sagen Sie doch die Jahreszahl, bis wann der Ausstieg vollendet ist! Welche? Vizepräsident Dombrowski: Ich wünsche hier keine Zwiegespräche. Die sieht die Geschäftsordnung nicht vor. Das gilt für Herrn Ministerpräsidenten genauso wie für die Abgeordnete hier vorn. (Ministerpräsidenten Dr. Woidke: Sie wissen es genau!) Ich weiß Ihre Zahl nicht. Sie wollen sie gerade nicht sagen. – Jedenfalls müssen wir uns jetzt auf den Weg machen, den Strukturwandel in der Lausitz anzugehen und eine Energieversorgung zu ermöglichen, in der unflexible Braunkohlekraftwerke nicht die Einspeisung von erneuerbaren Energien verhindern, wie es derzeit der Fall ist. Kriege ich die 30 Sekunden Disput mit dem Ministerpräsidenten auf meine Redezeit drauf? So. Das zur Braunkohle. Kurz noch zum Thema Akzeptanz: Wenn Ihre Methode, Herr Bretz, Akzeptanz zum Thema erneuerbare Energien und Wind herbeizuführen, ist, den Windausbau gänzlich zu kippen ... (Bretz, CDU: Nein!) Das haben Sie anklingen lassen: Wir hätten zu viele Windanlagen. (Bretz, CDU: Nein!) Das sei ein ungesteuerter Ausbau. So gehe es gar nicht. Und die 10H-Regelung hätte zur Folge, dass kein weiteres Windrad gebaut werden könnte. (Beifall bei der AfD) Sie wissen: Das ist der Fehler an der ganzen Geschichte. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Erklären Sie einmal Ihren Berliner Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns mit denen in der Lausitz treffen, warum wir hier keine neuen Windanlagen aufbauen und wie die ihre notwendige Stromversorgung hinbekommen sollen. So. Ich bin jetzt über meiner Redezeit. Vizepräsident Dombrowski: Das stimmt. Mein letzter Satz. Der Antrag gibt kaum neue Impulse, er spart wichtige Themen aus. Deshalb werden wir ihn ablehnen.