Live-Experiment belegt: Anrainer sind nicht Verursacher des massiven Wasserverlusts vom Pinnower See

pinnower see 1110505Trotz Einleitung von Grundwasser sinkt der Wasserstand vom Pinnower See auch weiterhin dramatisch. Verursachen die Anrainer den Wasserverlust des Sees im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde, wie es jüngst von Behördenseite hieß? Dieser Frage gingen Vertreter der Lausitzer Bündnisgrünen, der Kirchengemeinde Guben, der Siedlergemeinschaft sowie ein Kreistagsabgeordneter am Mittwoch in einem Live-Experiment nach.

Mit einem maßstabsgerechten Modell wurden die bergrechtlich angeordnete Wassereinleitung des Bergbaubetreibers, der Wasserverlust des letzten Jahres  sowie der Wasserverbrauch der Siedler veranschaulicht bzw. ins Verhältnis gesetzt: Die innerhalb eines Jahres eingeleitete Wassermenge entspricht bezogen auf die Seefläche einer Wasserhöhe von ca. 1,40 m. Der Wasserstand des Sees hat sich jedoch nicht erhöht, sondern liegt inzwischen sogar niedriger als vor Beginn der Maßnahme . Der Wasserverbrauch durch die See-Anrainer entspricht nach konservativen Schätzungen in etwa einer Wasserhöhe von 31 mm. Dem Wasserverlust von über 1,40 Meter stehen somit 31 mm Wasserverbrauch der Anrainer gegenüber.

„Lediglich ein marginaler Anteil des aktuellen Wasserrückgangs lässt sich auf Basis von Hochrechnungen den Siedlern zuordnen“, erläutert der Kreistagsabgeordnete Andreas Stahlberg (parteilos) seine Berechnungen . Diese stellte Stahlberg unlängst auch im Brandenburger Braunkohlenausschuss vor, in dem er seit 2014 Mitglied ist. Um die tatsächlichen Ursachen für den Wasserverlust zu ergründen, müsse es laut Stahlberg endlich umfassende und der Öffentlichkeit zugängliche Untersuchungen geben. Ulrich Berger, Mitglied einer Siedlergemeinschaft sieht seine Ahnungen bestätigt: „Es wurde heute eindrucksvoll belegt, dass der massive Wasserverlust nicht auf uns Anrainer zurückzuführen ist. Ich erwarte Lösungen statt Schuldzuweisungen“, fordert der engagierte Siedler.

Zur Rettung des Sees darf es nach Meinung der bündnisgrünen Strukturwandelexpertin Heide Schinowsky keine Denkverbote geben: „Es muss geprüft werden, ob Grubenwasser aus dem ca. zwölf Kilometer entfernten Tagebau Jänschwalde genutzt werden könnte. Bislang wird das Wasser zur Kühlung des Kraftwerks gebraucht. Im Zuge des Kohleausstiegs werden die Blöcke jedoch nach und nach abgeschaltet. Dementsprechend wird auch weniger Kühlwasser benötigt. Dieses könnte zur Stabilisierung der Wasserstände eingesetzt werden“, regt Schinowsky als Idee an. „Eines zeigte das Experiment heute ganz deutlich: Einschränkungen beim Wasserverbrauch der Siedler werden den Pinnower See nicht retten.“

Unterstützung gibt es auch von Seiten der Kirche: „Wir begleiten seit Jahren die Debatte um den Wasserverlust unserer Seen. Wenn jetzt nicht eingeschritten wird, verlieren wir ein wertvolles Stück Heimat und Natur“, sagte Martin Pehle, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates der Evangelischen Kirchengemeinde Region Guben.

„Wir brauchen unbedingt die Wiederbelebung der behördenübergreifenden Arbeitsgruppe zu den Seen im Umfeld des Tagebaus. Hierbei darf die Expertise der Fachleute vor Ort nicht einfach weggewischt werden. Die Aufgabe allein dem Bergamt zu überlassen, wird dem Problem nicht gerecht“, sagt Schinowsky.

Hintergrund:

Das rapide Sinken der Wasserstände von Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde konnte durch die Zuleitung von Grundwasser zwar abgemildert werden; die aktuellen Stände liegen jedoch teilweise erheblich unter den für dieses Frühjahr behördlich festgelegten Ziel-Wasserständen. Besonders dramatisch ist die Situation am Pinnower See. Der beliebte Ausflugssee im Landschaftsschutzgebiet ist mittlerweile dreigeteilt. Wasser wird aktuell nur in den östlichen Kessel eingeleitet. Die Hoffnung, dass sich das Wasser auch über die anderen beiden Kessel verteilt, hat sich nicht erfüllt.

Dass der Wasserverlust grundsätzlich maßgeblich auf den Braunkohlebergbaus zurückgeht, ist seit einiger Zeit unstrittig. Der konkrete Anteil dafür wurde jedoch bis heute nicht öffentlich beziffert. Der Tagebau Jänschwalde rückt stetig weiter in Richtung Norden auf den See zu. Um die Kohlegrube trocken zu halten, pumpt der Bergbaubetreiber großflächig Grundwasser ab. Anstatt den Bergbau mit Blick auf die aktuell verschärfte Lage stärker in die Verantwortung zu nehmen, wurde von Behördenseite jüngst die These aufgestellt, der Wasserverlust sei u. a. den Nutzern der Erholungsgrundstücke zuschreiben.

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Download „Wasserverlust am Pinnower See – Ein Diskussionsbeitrag von Andreas Stahlberg“

https://heide-schinowsky.de/images//Diskussionsbeitrag_Pinower_See.pdf