Heide Schinowsky

Rede "Erstes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Vergabegesetzes"

Quelle: rbb

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die mit diesem Gesetzentwurf vorgesehene, deutliche Erhöhung des Vergabemindestlohns ist sinnvoll und trägt zu guter Arbeit im Land Brandenburg bei. Aber das reicht nicht. Auch mit dieser Erhöhung ist der Mindestlohn noch immer zu niedrig und schützt nicht vor Armut. Und selbst wenn der Mindestlohn im Vergabegesetz auf 12 Euro angehoben werden würde, gälte er ja nur bei öffentlichen Aufträgen und nicht generell. Da wird dann schnell die Grenze eines solchen Gesetzes deutlich.

Denn natürlich gilt allgemein der deutlich niedrigere Mindestlohn auf Bundesebene. Nur die öffentliche Hand bindet sich hiermit. Öffentliche Aufträge werden damit aber auch leider wieder unattraktiver. Dass es für einzelne Aufträge keine Bieter gibt, müssen viele Kommunen schon jetzt immer wieder erleben. Notwendig ist es daher, den bundesweiten Mindestlohn in ähnlicher Weise anzuheben. Denn es hat sich gezeigt, dass der Mindestlohn effektiv gegen soziale Ungleichheit hilft. Seit 2012 sind die Reallöhne in den untersten Einkommensgruppen deutlich stärker gestiegen als in den mittleren, nachdem sie zuvor zwei Jahrzehnte lang stark gefallen waren.
Zwar kann der Mindestlohn nicht verhindern, dass die Gutverdiener ihren Einkommensabstand zur Mitte stetig vergrößern - aber er verhindert zumindest, dass auf der anderen Seite die Geringverdiener immer weiter von der Mitte abgehängt werden. Zudem treffen die stark gestiegenen Mieten der vergangenen Jahre insbesondere Geringverdiener. Ihre dadurch überdurchschnittlich gewachsenen Lebenshaltungskosten rechtfertigen eine ebenso überdurchschnittliche Anhebung des Mindestlohns.

Neben einer bundesweiten Anhebung des Mindestlohns muss er aber auch besser kontrolliert werden. Denn bundesweit werden 1,8 Millionen Beschäftigte um den Mindestlohn geprellt. Das zeigt eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e. V. Notwendig wären also mehr Kontrollen oder aber ein Verfahren, welches vor Allem für die Kommunen praktikabler wäre. Im Rahmen der Evaluierung des ersten Brandenburger Vergabegesetzes wurde bei den Mindestarbeitsentgelten und der Tariftreue bereits ein Vollzugsdefizit festgestellt.

Vorgeschlagene Möglichkeiten zur Beseitigung des Vollzugsdefizits werden gänzlich nicht berücksichtigt. Beispielsweise eine beim Land angesiedelte, zentrale Kontrollgruppe, welche in Stichproben prüft, ob die Auftragnehmer das Vergabegesetz und die vorgeschriebenen Zusicherungen auch einhalten. Das vorliegende Gesetz bleibt also in Sachen sozialer Gerechtigkeit hinter den Möglichkeiten zurück.
Auch die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards, also zum Beispiel die ILO-Arbeitsnormen oder die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten werden für öffentliche Auftraggeber immer noch nicht verbindlich vorgegeben, obwohl genau dies eine Empfehlung des Nachhaltigkeitsbeirates war. Berlin hat das längst umgesetzt. Wir fragen uns, warum sich Brandenburg und Berlin hier nicht eng abstimmen und ein einheitliches Vergabegesetz vorlegen können.

Man kann zu diesem Thema auch Artikel 42 der Brandenburgischen Verfassung zitieren: "Das Wirtschaftsleben gestaltet sich nach den Grundsätzen einer sozial gerechten und dem Schutz der natürlichen Umwelt verpflichteten marktwirtschaftlichen Ordnung", heißt es da. "Sozial gerecht" und "dem Schutz der natürlichen Umwelt verpflichtet" - da muss die öffentliche Hand natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Tut sie aber leider mit dieser Änderung des Vergabegesetzes wieder nicht. Das Gesetz bleibt damit auch im Bereich der Nachhaltigkeit weit hinter den Erfordernissen zurück.

Es besteht also noch erheblicher Verbesserungsbedarf. Der Überweisung werden wir selbstverständlich zustimmen.

Vielen Dank.

Aktuelle Seite: Startseite Meine Themen Aus dem Landtag Reden im Landtag Rede "Erstes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Vergabegesetzes"

Pressemitteilungen gruene.de

Die Zukunft änderst du hier. Alle Informationen zu Programm, Personen und Möglichkeiten, bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aktiv zu werden.
  • Europastrategie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
    Als Bündnis 90/Die Grünen haben wir uns vorgenommen, die europäischste Opposition zu sein, die es in der Bundespolitik je gab. Angesichts sich zuspitzender globaler Krisen kommt es mehr denn je auf Europa an. Wir reden nicht nur über Europa, sondern wir sind bereit, Souveränität zu teilen das europäische Budget zu stärken. Damit entsprechen wir dem Wunsch einer großen Mehrheit in Deutschland nach einem stärkeren und handlungsfähigeren Europa. Deswegen wollen wir die europäische Arbeit unserer Partei auf ein neues Level heben und haben ein ambitionierte Europastrategie mit konkreten Maßnahmen und Vorschlägen erarbeitet.
  • Gute Arbeit im Privathaushalt – ein Schlüssel für Gerechtigkeit und Gleichstellung
    Wenn die Waschmaschine kaputtgeht, der Kühlschrank leer ist, die Kinder zur Schule müssen und die Eltern von heute auf morgen gepflegt werden müssen – dann zeigt sich, wie unverzichtbar Haus- und Sorgearbeit ist. Diese Arbeit hält unser Land am Laufen, ist Basis für familiäres Zusammenleben und doch bleibt sie oft unsichtbar. Den größten Teil dieser Arbeit leisten nach wie vor Frauen. Wie wir mehr Gerechtigkeit, Strukturen für echte Gleichstellung, bessere Arbeit und eine soziale Infrastruktur, die den Alltag von Millionen Menschen konkret erleichtert, schaffen können, zeigt das Positionspapier von Franziska Brantner, Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin.
  • Innovation statt noch mehr Regulierung – von Franziska Brantner und Mona Neubaur
    Deutschland braucht einen handlungsfähigen Staat, der die Transformation der Wirtschaft flankiert. Dafür sind Regeln wichtig. Werden sie jedoch als Gängelei empfunden, untergraben sie das Vertrauen in den Staat.
  • Deutsche Bahn: Verkehrsminister Schnieder ohne Strategie
    Seit Jahrzehnten fließt zu wenig Geld in den Schienenverkehr. Erst mit der letzten Bundesregierung sind die Mittel für die Schieneninfrastruktur deutlich angestiegen. Die Probleme beim Schienenverkehr und der bundeseigenen Deutschen Bahn sind dementsprechend groß. Verkehrsminister Schnieder hat keine tatsächliche Strategie, wie er die Missstände beheben wird. Die neue Bahn-Chefin Palla wird keinen Erfolg haben, solange die neue Regierung nicht bereit ist, für strukturelle Reformen zu sorgen und die nötigen Milliarden für Sanierung und Ausbau des Netzes bereitzustellen.

Newsletter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Spree-Neiße

Telegram BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN