Das Brandenburger Landesparlament hat am Freitag in Potsdam beschlossen, die Einrichtung einer Ansprechstelle für Bergschadenbetroffene zu prüfen. Die Lausitzer Bündnisgrünen zeigten sich vorsichtig optimistisch und bezeichneten den Beschluss als „Schritt in die richtige Richtung“. Die Vorsitzende der Kreisgrünen in Spree-Neiße Heide Schinowsky mahnt das Brandenburger Wirtschaftsministerium, jetzt „schnellstmöglich einen umsetzungsreifen Vorschlag“ vorzulegen. „Hier muss der Fuß von der Bremse“, fordert Schinowsky. Laut dem Beschluss soll dem Wirtschaftsausschuss bis zum Ende des 1. Quartals 2024 ein Bericht vorgelegt werden.
Irritiert zeigte sich Schinowsky über die harte Ablehnung zur Wiedereinsetzung der Schlichtungsstelle durch Wirtschaftsminister Prof. Jörg Steinbach (SPD): „Das Thema bleibt aktuell“, aber die Schlichtungsstelle solle „nicht wieder eingerichtet werden“, hatte der Minister in der Landtagsdebatte erklärt. „Die harsche Absage widerspricht klar dem Koalitionsvertrag in Brandenburg und darf nicht das letzte Wort sein“, meint Schinowsky. Die Regierungsparteien hatten im Vertrag festgehalten: „Wir werden die Arbeit und Struktur der Schiedsstelle für Bergschäden als wichtige Anlaufstelle für Bergbaugeschädigte prüfen und uns für eine Fortsetzung der Schiedsstelle einsetzen“ (Seite 65). Schinowsky hatte diesen Teil des Vertrags mitverhandelt.
In Tauer (Spree-Neiße) wächst der Unmut über vom Tagebau Jänschwalde verursachte Bergschäden. Der Gemeindekirchenrat von Tauer hatte daher für diesen Sonntag zu einer öffentlichen Begehung eingeladen. „Unsere Kirche weist immer mehr Risse auf. Wir gehen davon aus, dass der nahe Tagebau Jänschwalde eine Hauptschuld an den Schäden hat, doch der Bergbaubetreiber LEAG mauert“, berichten anwesende betroffene Bürger aus Tauer. Dies bestätigt auch Christian Stecklina, ein Vertreter des Gemeindekirchenrates (GKR) Tauer aus eigener Erfahrung. Leider seien viele Wohnhäuser sowie der Feuerwehrturm betroffen, fügt er hinzu.
Der GKR will mit der Begehung und der Verdeutlichung der Bergschäden auch die hiervon betroffenen Menschen in der Region unterstützen: „Uns wird immer wieder berichtet, dass Menschen Angst vor der Auseinandersetzung mit dem Bergbaubetreiber hätten. Wir halten zusammen und setzen uns gemeinsam für unsere Rechte ein. Die LEAG und ihre Eigentümer in Prag werden einsehen müssen, dass man so mit uns nicht umgehen kann“, sagt Stecklina.
Bei der Begehung sorgte eine weitere Hiobsbotschaft für heftige Diskussionen bei den ca. 40 anwesenden Einwohnerinnen und Einwohnern aus Tauer und Umgebung: Die im Sommer 2019 von der Landesregierung ins Leben gerufenen Schlichtungsstelle für Bergbauschäden sei nicht mehr zu erreichen, berichteten Betroffene.
Nach Informationen des Online-Mediums „Neue Lausitz“ soll das neue Verwaltungsabkommen zur Braunkohlensanierung am 8. Dezember der Öffentlichkeit präsentiert werden. Mit dem milliardenschweren Abkommen zwischen Bund und Ländern wird geregelt, welche Mittel für die Beseitigung der Bergbau-Schäden im Osten Deutschlands ab 2023 bis 2027 bereitstehen werden. Das aktuelle Verwaltungsabkommen Braunkohlesanierung (VA VI Braunkohlesanierung) vom 2. Juni 2017 sichert die Finanzierung der Braunkohlesanierung in den Jahren 2018 bis 2022 und läuft zum Ende des Jahres aus. Dafür wurden von Bund und den Ländern in den letzten sieben Jahren 1,23 Milliarden bereitgestellt. Das Abkommen gilt nur für die Bereiche des ehemaligen DDR-Bergbaus, nicht aber für den aktiven Braunkohlebergbau in der Verantwortung der LEAG. Bei einem Besuch in der Lausitz kündigte die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock bereits Ende Juni 2022 an, dass der Bund die Lausitz nicht im Stich lassen und es ein Folgeabkommen für die Jahre 2023 bis 2027 geben werde. Unter den Vorgänger-Regierungen war die Fortsetzung der Verwaltungsabkommen immer wieder in Frage gestellt worden.
Bündnisgrüne aus den drei deutschen Kohleregionen und Akteure von Lausitzer Initiativen tauschten sich am Freitag am Cottbuser Ostsee über die Wasserkrise und den Kohleausstieg 2030 aus. Gemeinsam mit den beiden Bundestagsabgeordneten und Mitgliedern im Ausschuss für Klimaschutz und Energie Kathrin Henneberger aus dem Rheinland und Bernhard Herrmann aus Sachsen wurden insbesondere die Auswirkungen der Kohleverstromung im Kraftwerk Jänschwalde auf den Wasserhaushalt in der Lausitz erörtert.
Laut Infotafel-Angaben des Bergbaubetreibers LEAG am Einlaufbauwerk bei Lakoma hat der noch nicht einmal zur Hälfte gefüllte Cottbuser Ostsee innerhalb der letzten 4 Wochen ca. 5 Millionen Kubikmeter Wasser verloren. Demnach lag das wassergefüllte Randschlauchvolumen am 11. August 2022 bei 73 Millionen Kubikmetern. Knapp einen Monat vorher waren es noch 78 Millionen Kubikmeter (Stand 14. Juli 2022).
Auf einer Mitgliedsversammlung des Vereins Menschenrechtszentrum Cottbus e. V. (MRZ) wurde Heide Schinowsky am Sonnabend mit großer Mehrheit als neue geschäftsführende Vorsitzende und Gedenkstättenleiterin gewählt. Dieter Dombrowski als Vorsitzender und die weiteren Vorstandsmitglieder wurden auf der Versammlung für drei Jahre wiedergewählt; die ehemaligen Häftlinge bilden damit weiterhin die Mehrheit im Vorstand.
Die 46-Jährige gebürtige Brandenburgerin lebt heute in Jänschwalde und war von 2014 bis 2019 als bündnisgrüne Landtagsabgeordnete für die Aufarbeitung von DDR-Unrecht verantwortlich. Schinowsky folgt der langjährigen Leiterin Sylvia Wähling, die seit 2010 mit der Leitung der renommierten Gedenkstätte im ehemaligen Cottbuser Zuchthaus betraut war.
"Hinter dem Verein liegen viele Jahre intensiver Aufbauarbeit. Und es ist kaum mehr vorstellbar, was ohne das unglaubliche Engagement des Vereins und insbesondere von Sylvia Wähling aus diesem Ort geworden wäre. Nun ist es sowohl ein Ort des Gedenkens an erlittenes Unrecht als auch ein Stätte, in der aktiv für die Einhaltung der Menschenrechte gearbeitet wird", sagte Schinowsky am Sonnabend am Samstag vor ehemaligen Häftlingen.